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Reallohnverluste im öffentlichen Dienst

Glb Wien • 3. Dezember 2024

Trotz angekündigter Proteste haben sich die GÖD (Gewerkschaft Öffentlicher Dienst) und die Younion (ehemals Gewerkschaft der Gemeindebediensteten) kurzfristig auf einen fatalen Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst geeinigt. Der Abschluss betrifft die Bundesbediensteten, aber auch Landes- und Gemeindebedienstete, da das Ergebnis meist übernommen wird. Reallohnverluste sind zementiert für die nächsten 2 Jahre.

Bei den öffentlich Bediensteten geht es nicht nur um die immer weniger werdenden Beamten in den Ministerien und Magistratsabteilungen, sondern vor allem um viele verschiedene Berufe der Daseinsvorsorge wie Krankenpfleger:innen, Lehrer:innen, Müllabfuhrmitarbeiter:innen etc. In diesen Bereichen fehlen bereits jetzt viele Mitarbeiter:innen. Die anstehenden Pensionierungswellen werden das Problem weiter verschärfen. Die betroffenen Kolleg:innen halten die Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen am Laufen und verdienen als Vertragsbedienstete im Schnitt weniger als Angestellte in der Privatwirtschaft. Sie hätten sowohl eine Reallohnerhöhung als auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen verdient, z.B. eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich.


Bereits im Sommer wurde die Bundesregierung um die Aufnahme von Lohnverhandlungen kontaktiert. Eine Antwort blieb jedoch aus. Im November hat sich diese Gemengelage dann verdichtet, neoliberale Think Tanks und der Rechnungshof haben - abseits jeder gesellschaftlichen Verankerung - Nulllohnrunden für alle bei Bund, Ländern und Gemeinden beschäftigten Mitarbeiter:innen in den Raum gestellt. Das hat dann natürlich berechtigten Widerstand hervorgerufen, wobei natürlich nicht ganz sicher ist, ob diese Gerüchte nicht auch gezielt lanciert wurden, um einen lächerlichen Abschluss zu relativieren.
 
Die GÖD hat - auch im Vorfeld der Bundespersonalvertretungswahlen - Protestaktionen angekündigt, die Younion war nur mit einer Unterschriftenaktion dabei.


Große Demo angekündigt - dafür geheime Verhandlungen


Dann kam der Tag der Protestmaßnahmen am 26.11., eine große Demo mit bis zu 30.000 Teilnehmer:innen vor dem Ballhausplatz war geplant. Das wäre eine große Unmutsbekundung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gewesen.
 
Doch selbst in den Gewerkschaftsausschüssen in Großbetrieben wurde am Vortag nicht kommuniziert, dass es bereits Geheimverhandlungen zwischen der Gewerkschaftsführung und der Übergangsregierung gab.


Die Beschäftigten wurden in Bussen herbeigeschafft, als es schon fast klar zu sein schien, dass eine "Einigung" kurz bevorstand. Diese Busse kehrten kurz vor der Kundgebung um (z.B. von Graz nach Wiener Neustadt). Es gab also geheime Verhandlungen, während die Protestaktionen im Aufbau waren. Eine große Bühne, Zelte etc. wurden teuer angemietet und nach der Absage nach der Kundgebung ungenutzt wieder abgebaut. Geht man so mit Gewerkschaftsgeldern um? Und vor allem: Geht man so mit den Protesten und dem Unmut der Beschäftigten um? Der Unmut an der Basis ist deutlich spürbar, auch wenn sozialpartnerschaftlich kalmiert wird.


Mieser Abschluss mit Reallohnverlusten


Schließlich wurde wenige Stunden vor der Protestkundgebung ein Abschluss erzielt, der die Reallohnverluste des letzten Jahres (+3,5% im Durchschnitt bei einer rollierenden Inflation von 3,8%) nicht ausgleicht, sondern für das nächste Jahr überhaupt nicht verhandelt wird. Denn dann gibt es gnädigerweise die 0,3% über der Inflation, also Ausgleich erst nach 2 Jahren, die Preissteigerungen davor dürfen weiter von den Beschäftigten bezahlt werden. Gerade bei den Geringverdienern ist die reale Inflation durch steigende Mieten und Energiepreise viel höher!


Was in diesem Abschluss überhaupt nicht berücksichtigt wurde: Die prekären Arbeitsbedingungen in allen Bereichen, in denen soziale Dienstleistungen von der öffentlichen Hand erbracht werden. Es gab keine Diskussion über Verbesserungen im Dienstrecht, keine Diskussion über - wenn auch marginale - Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich. Nach wie vor arbeiten die meisten Beschäftigten im öffentlichen Dienst in der 40-Stunden-Woche. Lehrer:innen, Pfleger:innen und alle anderen wichtigen Berufe danken für nichts!


In den Mangelberufen der Daseinsvorsorge löst dieser Abschluss nicht gerade Jubel aus. So kann es nicht weitergehen und die Jobs werden für Neueinsteiger:innen immer weniger attraktiv. Im Bildungsbereich wird schon seit Jahren der Notruf in Bezug auf die Arbeitsbedingungen ausgerufen und auch hier gelingt es immer weniger Menschen für diesen Bereich zu begeistern. Auch in allen anderen Bereichen, die einen direkten Dienst an der Bevölkerung leisten, ist der Nachwuchs rar, immer weniger wollen sich die schlechten Arbeitsbedingungen mit teilweise Nacht- und Wochenenddiensten antun.


Waren die Proteste ernst gemeint?
 
Es stellt sich die Frage, ob diese Proteste wirklich ernst gemeint waren oder nur eine Wahlkampfstrategie innerhalb der GÖD? Die Younion hielt sich jedenfalls bedeckt.
 
Die richtige Antwort gaben ca. 400 Aktivist:innen und Gewerkschafter:innen aus dem Bildungsbereich. Sie kamen trotzdem zur geplanten, aber abgesagten Demo und organisierten spontan einen "wilden" Demonstrationszug vom Ballhausplatz zur GÖD-Zentrale. Es gab Slogans wie "Wir sind stark, wir sind laut, weil ihr der Bildung die Zukunft klaut". Auch der GLB unterstützte diese Demonstration. Beim Abschluss vor der GÖD-Zentrale wurde lautstark "Kommt raus!" gerufen. Natürlich kam niemand heraus, um sein Abstimmungsverhalten zu erklären. Was aber bei einer Gewerkschaft, die wie jede Interessenvertretung vor allem aus Basismitarbeiter:innen besteht, notwendig gewesen wäre.


Sozialpartnerschaftliche Selbstaufgabe
 
Übrig bleibt: Eine Personalvertretungswahl auf Bundesebene, bei der die FCG in der GÖD etwa gleichauf lag, alternative Listen wie die ÖLI, die aber auch keine wirklichen Proteste organisiert, etwas zulegen konnten. Proteste, die zwar organisiert, dann aber halbherzig abgesagt wurden. Nach wie vor keine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst und Reallohnverlust für mindestens 2 Jahre. Keine Antwort auf die Frage, wie dem bereits bestehenden und weiter drohenden Personalmangel durch bessere Arbeitsbedingungen begegnet werden soll.
 
Es gab keine Urabstimmung, keine Mitgliederbefragung. Die Bonzen haben es unter sich ausgemacht. So bringt man niemanden in Mangelberufe! Es braucht eine Initiative von unten! Wir müssen jetzt gemeinsam in den Betrieben auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene dafür kämpfen, dass das nicht die letzte Entscheidung für 2 Jahre ist!


Wir halten fest:


1.) Geheimverhandlungen vor Protestaktionen sind unentschuldbar! Die Gewerkschaften sind das verlängerte Sprachrohr der Beschäftigten und nicht ein ausgemachter Klüngel!


2.) Gewerkschaftliche Protestmaßnahmen, die dann kurzfristig für einen faulen Kompromiss abgesagt werden enttäuschen und machen die Betroffenen wütend!


3.) Es muss auch im öffentlichen Bereich Urabstimmungen über die Verhandlungsergebnisse geben, sonst könnte jeder an der Basis denken, wir werden nicht eingebunden! Auch ein Streik wäre denkbar, um die Bedeutung der Daseinsvorsorge zu unterstreichen!


Dazu kommen Gerüchte, dass schwarz und hellrot dominierte Gewerkschaften wie GÖD und Younion auch politisch in die Koalitionsverhandlungen eingreifen. Sie wollen möglicherweise Proteste klein halten um Schwarz(Türkis)-(Hell)Rot-Pinken Koalitionverhandlungen nicht zu beeinflussen. Gerade die SPÖ könnte da auf die Idee gekommen sein zu zeigen, dass man im sozialpartnerschaftlichen Boot sitzt und beweisen will, dass man die Gewerkschaften im Griff hat. Dabei stellen selbsternannte Kapazunder der NEOS wie Schellhorn sogar diesen enttäuschenden Abschluss in Frage, während sie selbst über 10.000 Euro pro Monat abkassieren.


"Wir brauchen gerade im öffentlichen Dienst mehr Mitbestimmung der Basis in den Gewerkschaften. Urabstimmungen über Verhandlungsergebnisse jetzt!"


Patrick Kaiser, Intensivkrankenpfleger, Personalvertreter im WiGeV sowie AK-Rat


GLB Wien

Auf Kundgebungen in Linz und Wien haben hunderte Handelsangestellte, darunter viele Betriebsrät:inne
von Glb Wien 1. Dezember 2024
Auf Kundgebungen in Linz und Wien haben hunderte Handelsangestellte, darunter viele Betriebsrät:innen, unter dem Motto "Wir sind der Handel ! Wir haben eine faire Gehaltserhöhung verdient !"
von Glb Wien 26. November 2024
In der dritten Verhandlungsrunde der SWÖ-KV-Verhandlungen kam es zum Abschluss. Die Beschäftigten im privaten Sozial- und Gesundheitsbereich erhalten 4 Prozent mehr Gehalt (bei einer rollierenden Inflation von 3,5 Prozent). Zuvor fanden von den Gewerkschaften GPA und vida organisierte Protestkundgebungen in Linz und Wien sowie eine dezentrale Aktion „6 Minuten für 6 Prozent“ statt. Daher ist es für viele Kolleg*innen überraschend und enttäuschend, dass nur drei Tage später ein so magerer Abschluss herauskommt. Über so wichtige Verbesserungen im Rahmenrecht wie Arbeitszeitverkürzung und die 6. Urlaubswoche konnte man gar nicht verhandeln. „Gemeinsam mit vielen anderen haben ich gestern gegen diesen Abschluss gestimmt. Die Gelderhöhung ist viel zu gering, denn die Preise und Mieten steigen zwar langsamer, aber sie sind noch immer viel zu hoch. Viele Kolleg*innen können sich das Leben nicht mehr leisten. Die Kolleg*innen waren streikbereit. Das man abgeschlossen hat ohne zu versuchen diese Kampfkraft zu nutzen ist bitter. Mit Streiks wäre mehr drinnen gewesen. Die lange Debatte vor der Abstimmung zum Abschluss und die vielen Gegenstimmen zeigen wie wichtig und richtig es gewesen wäre, den Abschluss in den Betrieben mit den Kolleg*innen zu besprechen und einer Urabstimmung zu unterziehen.“ Michael Gehmacher - GLB Betriebsrat im ASB - Mitglied im großen Verhandlungsteam des SWÖ-Kollektivvertrags Man bemerkt: Immerhin hat ein Drittel des Verhandlungsteams gegen den Abschluss gestimmt – dies zeigt schon große Zweifel und Kritik am Verhandlungsergebnis. Der GLB fordert eine Urabstimmung über den KV-Abschluss. Viele Kolleg*innen haben sich im Arbeitskampf engagiert, daher sollen sie auch mitbestimmen können. Die Gewerkschaftsführung hat den Arbeitskampf aufgegeben, bevor dieser richtig angefangen hat. Sie wird sich dadurch nur noch mehr Unmut der Beschäftigten an der Basis zuziehen. Gleichzeitig laufen die KV-Verhandlungen im Handel, die GÖD und die Younion stimmten fast zeitgleich einem noch schlechterem Abschluss (3,5 %) für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu. Noch im Laufen sind die KV-Verhandlungen der Handelsangestellten. Das derzeitige Händler:innen-Angebot von 3,1 und der GPA-Gegenforderung von 3,9 Prozent lassen auch nicht mehr erwarten. Was würde näherliegen, als diese Kämpfe zu verbinden?
von Glb Wien 22. November 2024
Für den GLB Wien nahm AK-Rat Patrick Kaiser an der 182. Vollversammlung teil, für den kurzfristig erkrankten Oliver Jonischkeit wurde Lukas Zwerina als Ersatzmitglied angelobt.
von Glb Wien 22. November 2024
GLB Wien, KPÖ Leopoldstadt&PolDi, MieterinnenInitiative und Werkl im Goethehof freuen sich, euch alle einzuladen, um zu plaudern, zu feiern und gemeinsam auf ein kämpferisches Jahr anzustoßen! Jahresabschlussfeier: Fr, 6.12. ab 18h im Werkl im Goeth ehof (Schüttaustraße 1-39) Seid dabei, feiert mit! Für Verpflegung ist gesorgt und auch für Getränke. Spenden fürs Werkl sind natürlich gerne gesehen.
von Glb Wien 14. November 2024
Derzeit finden die Gehaltsverhandlungen im SWÖ (Sozialwirtschaft Österreich), die Angebote der Arbeitgeber:innenseite sind inaktzeptabel. Arbeitsdruck und Personalengpässe belasten uns enorm. Die Preise von Wohnen, bei Strom, Heizen und Treibstoffen, sowie bei wichtigen Lebensmitteln sind weiterhin hoch. Von diesem hohen Niveau ausgehend steigen die Lebenshaltungskosten weiter. Indes ist der Sozialbereich im Vergleich zum Durchschnittsverdienst um 20% unterbezahlt. Kolleg:innen der unteren Verwendungsgruppen und Kolleg:innen in Teilzeit sind dadurch von Armut bedroht. Das Gehaltsplus des letzten KV-Abschlusses konnte die gestiegenen Lebenshaltungskosten bei Weitem nicht abfedern. Die mangelnde Kampfbereitschaft der Gewerkschaftsführung hat viele Kolleg:innen stark enttäuscht. Die Mehrheit im Verhandlungsteam beschloss eine Forderung von 6,1 % mehr Gehalt. Damit droht den Beschäftigten der unteren Verwendungsgruppen ein deutlicher Reallohnverlust. Kürzere Normalarbeitszeiten und höhere Löhne würden die Arbeit in den Sozialberufen und in der Pflege zudem attraktiver machen. Wesentlich mehr Menschen wären dann bereit, im Sozialbereich zu arbeiten. Deshalb ist es entscheidend, zu mobilisieren. Wenn GPA und vida einen guten Abschluss für alle Kolleg:innen erreichen wollen, muss es in einer möglichst frühen Phase der Verhandlungen Aktionen, Warnstreiks und Streiks geben. Diese sollten gemeinsam, bundesweit und gleichzeitig stattfinden. Michael Gehmacher, GLB-Vertreter im Großen Verhandlungsteam: „Der GLB hat konsequent gegen schlechte Abschlüsse gestimmt. Wir als GLB werden uns an allen ernsthaften Versuchen, für einen guten Abschluss zu kämpfen, aktiv und solidarisch beteiligen.“ 
von Glb Wien 8. November 2024
Die noch amtierende Bundesregierung ignoriert die Forderung nach Gehaltsverhandlungen für die wichtigen Berufe der Daseinsvorsorge. Eine Nulllohnrunde mit massiven Reallohnverlusten ist zu befürchten. Erste Protestaktionen sind bereits geplant, diese müssen aber noch viel weiter gehen.
von Glb Wien 17. September 2024
Das Leben wird für alle immer schwieriger. Preise und Mieten steigen, die Löhne real aber nicht ausreichend. Wir erleben Reallohnverluste während die Profite der großen Konzerne explodieren. Das Sozial- und Gesundheitswesen entwickelt sich immer mehr in ein Zwei- oder noch mehr Klassen System. Es herrscht Klassenkampf von oben. Eine KPÖ im Parlament kann die gesellschaftlichen Machtverhältnisse zumindest ein wenig verschieben!
von Glb Wien 17. September 2024
Es gibt für den GLB Wien vier wesentliche Punkte, warum wir die KPÖ zur Nationalratswahl unterstützen.
von Glb Wien 16. September 2024
Am Podium: Maria Magdalena Hofmarcher-Holzhacker, Gesundheitsökonomin Norbert Bauer, OÖ, Solidarwerkstatt, Betriebsratsvorsitzender Vida, GPA David Mum, Leiter der Grundlagenabteilung der GPA Moderation: Rudi Gabriel (Zukunftswerkstatt Gesundheitspolitik) Debatten darüber, wie ein Recht auf Produkte der Daseinsvorsorge in die Verfassung kommen könnten, scheitern regelmäßig an der nicht vorhandenen Zweidrittelmehrheit. Unter den gesetzlichen Abgaben nehmen die Beiträge zur Sozialversicherung eine Sonderstellung ein. Sie unterscheiden sich von Steuern dadurch, dass sie erstens zweckgebunden verwendet werden müssen und zweitens mit daraus abgeleiteten konkreten Rechtsansprüchen verbunden sind. Daher scheint die Einbindung der Pflegeagenden in das (selbstverwaltete) Sozialversicherungssystem geeignet zu sein, um die raschere Rechtssicherheit auf öffentlich finanzierte Pflegeleistungen für die Mitglieder der Versichertengemeinschaft zu erreichen. Wir diskutieren über Vorteile, Nachteile & Widersprüche. Anmeldung erbeten unter: zwgesundheitspolitik@gmail.com Veranstaltungslink auf Facebook: www.facebook.com/events/1042721113521877
von Glb Wien 14. August 2024
Sei dabei beim GLB-Zelt am Volksstimmefest im "Zentrum Arbeitswelt". Wie immer auf der Jesuitenwiese im Grünen Prater, diesmal Sa., 31.8. und So., 1.9. 2024!
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